Berliner Baumpost

Ein literarisches Projekt mit Fundstücken aus Berlin.

Unikat, A3, 50 Seiten Text und 50 Orignial-Fundstücke. Preis auf Anfrage.

Sprache liegt auf der Strasse: Zettel am Boden oder an Bäume, Laternenpfähle oder Lichtsignalpfosten geheftet. Wörter und Sätze aus dem Alltag, hingeworfen, weggeworfen. Ich hebe sie auf oder löse sie ab. Zuerst befangen, dann immer selbstverständlicher. Zettel erzählen Geschichten von der Hoffnung auf Wohnung und Arbeit, vom Alltag und seinen kleinen und grossen Dramen. Der Hund ist entlaufen, eine Brieftasche gefunden, ein Deal steht in Aussicht. Mein Blick gleitet über den Gehsteig und durch die Rabatten, mit der Zeit sehe ich es einem Papierfetzen an, ob es sich lohnt, ihn aufzuheben, umzudrehen und eine persönliche Botschaft zu entdecken. Eine Lebensspur, buchstäblich vom Winde verweht.

In den Zetteln und Papierfetzen spiegelt sich das Leben der Stadt, vielleicht unmittelbarer und wahrer als in Schaufenstern und Werbeplakaten. Wo die Gegenden arm sind, häuft sich Baumpost, übereinander und nebeneinander kleben die Angebote und Notschreie, unten ein Streifen mit Telefonnummern zum Abreissen. Kommunikation ganz unten, kostenlos und offenbar doch wirkungsvoll. In den Villenquartieren findet sich nur noch gelegentlich das Angebot eines Handwerkers, der Motorboote restauriert. Oder eines jener drei Mädchen, die einen Hütedienst für Hunde anbieten.

Berlin, 4. August bis 26. September 2004

Emil Zopfi

Grafik: Susanna Zopfi, Zürich
Buchbinder: Hans-Peter Richi, Glarus

[ Copyright © Emil Zopfi ]

Fundstücke

Berliner Baumpost: Notizbuch und gebundenes Unikat, A3